alltägliche gespräche mit dem mann demselbst gewidmet



Es wäre schließlich, sollte ich jemals vorhaben, die geschichte zu erzählen, eine leidensgeschichte, für die, um sie zu erzählen oder jemandem verständlich zu machen, ich gar nicht die zeit aufbringen könnte. Eine geschichte, in der, um dich, auch wenn du jetzt nicht anwesend bist, zu beruhigen, nicht, wie von dir oftmals und dies, wie ich meine, auch nicht ohne grund befürchtet wird, ich, sondern auch einmal der mann im vordergrund steht. Es wäre, könnte man die geschichte erzählen, eine geschichte über die unzulänglichkeit dieses mannes, die zeit wenn auch nur ansatz- oder versuchsweise einzuhalten. Weiß mit ausnahme dieses mannes die gesamte menschheit, zumindest aber jener teil, für den zeit etwas ernstzunehmendes ist, wieviel zeit für die ausführung einer tätigkeit, und zwar einer solchen, die man im laufe der jahre zur genüge kennengelernt haben konnte, benötigt wird, um diese tätigkeit zu einem zeitpunkt abzuschließen, in dem eine andere tätigkeit, genauer - ihr beginn, beschlossen worden ist, und zwar, um etwaige zweifel auszuräumen, im einvernehmen mit diesem mann oftmals sogar auf seinen ausdrücklichen wunsch hin beschlossen worden ist, weiß der mann dies nicht. Diesem mann ist es noch nie gelungen und also, wie ich annehme, unmöglich, den abschluß einer tätigkeit mit dem beginn einer anderen, ebenfalls beschlossenen in einklang zu bringen. stets schließt eine tätigkeit, welche es auch immer sein mag, zwar mit dem beginn einer anderen, von dem mann dann als der folgerichtigen angesehenen, nie aber mit einer von mir als solche betrachteten oder von uns beiden abgesprochenen tätigkeit ab. Oft fragt der mann dann, nicht selten mit einer kaum noch zu verbergenden erbostheit, was ich denn nun wolle, es gehe doch alles ohne zweifel nahtlos ineinander über. Sage ich daraufhin, daß dies durchaus für seine, nicht aber für meine oder gar für unsere tätigkeiten zutreffe und nurmehr ich rücksicht zu nehmen gezwungen bin, versteht er mich nicht.

Auch geschieht oft, daß ich eine aufregung über das verhalten des mannes in seiner anwesenheit und also ihm gegenüber nicht mehr zum ausdruck bringen kann, da der mann in solchen fällen dazu neigt, mir vorzuwerfen, ich sei es doch, die streß verursache, nicht er. Oft hingegen lasse ich mich dann zu einer entgegnung hinreißen.

Das zeitverständnis des mannes ist mir immer ein rätsel gewesen und, man bedenke, der mann ist heute über fünfzig jahre alt, wird mir immer ein rätsel bleiben. Daran aber, behauptet der mann, sei einzig und allein ich schuld, gäbe es meine fortwährenden bemerkungen nicht, wäre die welt in ordnung. Frage ich den mann, wessen welt denn, bereue ich im gleichen augenblick, die frage gestellt zu haben, und beschließe, zukünftig in solchen und ähnlichen fällen zu schweigen.

Auch geschieht oft, daß eine bemerkung meinerseits zu einer anderen, einer des mannes allerdings, führt, welcher diese eigentlich unnötige bemerkung zum anlaß nimmt, mir eine gegebenheit zu schildern, über die ich weiß gott nichts wissen will. Damit bringe ich mich in die lage, zugeben zu müssen, daß ich mir das, was nun geschieht, selbst zuzuschreiben habe. Es nützt auch nichts, mich davon überzeugen zu wollen, ich habe die bemerkung zuvorkommenderweise aus höflichkeit, aus purer sympathie und eingehendem verständnis für die lage des mannes vorgebracht.

Selten ist ein erkennbarer zusammenhang zwischen dem gerade von mir und dem daraufhin von dem mann gesagten festzustellen, zumindest in den letzten jahren kaum noch. Sage ich zum beispiel, "nun habe aber jemand viel parfüm auf sich getan", antwortet der mann, er schwitze in letzter zeit viel.

Auf meine dem mann gegenüber vorgebrachte bemerkung hin, er solle bitte nicht wieder streß machen, bekam ich keine antwort. Erneut, wie ich zugeben muß.

Ebenso bedenkt der mann technische gegebenheiten nie. Jene zum beispiel, die mit einem staubsaugerkabel in verbindung stehen. Die entfernung zwischen einer zu reinigenden stelle und dem dazu dienenden staubsauger ist, je nach standort und standortveränderung des staubsaugers, eine jeweils feste größe, die zwar nicht nur, jedoch am einfachsten durch ein entsprechendes herausziehen des staubsaugerkabels zu überbrücken und also den gegebenheiten anzupassen ist. Meine als hinweis gedachten und schweigend ausgeführten aktivitäten, wie zum beispiel ein den vorliegenden umständen entsprechendes herausziehen des kabels aus dem staubsaugergehäuse, und zwar auf eine art, die dem mann nicht verborgen bleiben kann, zeigen keinerlei wirkung. Gespräche über dieses thema gehören zwischen uns der vergangenheit an.

Mit anderen worten. Benutzt der mann den staubsauger, was vorteilhafterweise nur selten geschieht, da ich ihm, wie ich annehme, mit seinem einverständnis in der benutzung des staubsaugers meistens zuvorkomme, ob meiner vorliebe für ordnung und sauberkeit wohlgemerkt und nicht aus wie auch immer verstandener liebe zu dem mann, zieht er das staubsaugerkabel nie soweit heraus, wie es notwendig wäre, wollte man das absaugen, was man sich nun abzusaugen vorgenommen hat, sondern immer zu wenig, was mich dann, ohne ein wort zu sagen, dazu veranlaßt, die zu wenig aus dem staubsauger herausgezogene schnur auf eine ausgesprochen selbstverständliche und natürliche weise nun soweit herauszuziehen, wie es den umständen entsprechender ist. Das gesamte geschehen wird von dem mann wortlos hingenommen und von mir ebenso vollzogen.

Neulich fragte ich den mann, ohne mir dabei etwas besonderes zu denken und eigentlich nur, um meine höflichkeit, die in letzter zeit ein wenig rar geworden ist, wieder zum vorschein kommen zu lassen, "kann ich dir vielleicht helfen", worauf der mann entgegnete, "nun ich mache halt pilze mit ein wenig kuskus". Eine fortsetzung des gesprächs erschien mir fortan unmöglich.

Auch knöpfe an technischen geräten kann der mann nicht auf eine diesen knöpfen entsprechende weise drücken. Er weiß wohl, wozu die knöpfe dienen, und was man, hat man sie einmal gedrückt, damit erreichen kann, aber gerade das ist es, was dem mann partout nicht gelingen will. Ist, wie so oft, um etwas zu bewirken, ein knopf zweimal zu drücken, zweimal hintereinander wohlgemerkt, gelingt es dem mann den dazu nötigen rhythmus nicht zu finden. Er drückt, welchen knopf er auch immer drückt, einfach zu langsam hintereinander und kommt damit zum ergebnis der von ihm offensichtlich erwünschten aktion nie. In einer welt, in der knöpfe, und zwar alle immer nur einmal zu drücken seien, wäre ihm lieb, sagte er neulich. Allerdings geschieht nicht selten, das eben jene knöpfe, die nur einmal zu drücken sind, von dem mann derart lange gedrückt werden, das das auf diese weise behandelte gerät dies als zweimaliges drücken ansieht und eine aktion zwar ausführt, jedoch nicht jene, die der mann sich erhofft hatte, also eine, die ein einmaliges drücken des knopfes verlangte. In solchen fällen beschränke ich mich einzig und allein auf einen satz wie, "einmal drücken" oder "zweimal drücken". Was den mann, wie er sofort sagt, nervös mache.

"Dann was", fragte ich unlängst, "machen wir etwas zu essen?" Daraufhin sagte der mann, "ja, ich habe ein brötchen gegessen". Was mich, wenn man weiß, daß eine mahlzeit des mannes oftmals aus eben einem einzigen brötchen besteht, nun nicht nur keinen schritt weiter bringt und auch nicht des brötchens wegen verwundert, sondern immer nur zum nachdenken veranlaßt, und zwar darüber, was wohl der mann mit seiner bemerkung gemeint haben könnte oder bezwecken wollte. Die gesamte darauf folgende zeit, in der ich mit der essenszubereitung beschäftigt bin, was ich übrigens immer und gerne tue, denke ich an den grund und den zweck seiner bemerkung und komme zu keinem plausiblen ergebnis. Eine entsprechende und damit alles auflösende frage zu stellen, vermeide ich, weil ich aus anlaß solcher und ähnlicher situationen bereits vor jahren darauf verzichtet habe, an das stellen einer frage auch nur zu denken. Aus furcht letztendlich, aus furcht eine ebenso fragwürdige erklärung des sachverhalts seitens des mannes zu erhalten wie ich sie auch nun erhalten habe.

Daß der mann bereits gefrühstückt hatte, erkenne ich bis tief in den tag hinein daran, daß auf der fensterbank seines zimmers ein einmal angebissenes brötchen oder aber eine ebenso angeknabberte scheibe brot liegt. Als ich den mann einmal darauf angesprochen habe, meinte er, er werde das brötchen schon aufessen. Gerechterweise sollte man vielleicht hinzufügen, daß das brötchen oder aber die scheibe brot am nachmittag dann auch verschwunden ist. Nicht selten jedoch, und auch dies ist wahr, habe ich dieses angeknabberte essensstück später an einer anderen, oft merkwürdigen stelle wiedergefunden. Worauf hin ich, nicht ohne ein kopfschütteln, endgültig beschlossen habe, den mann auf diesen sachverhalt nicht mehr anzusprechen.

Der Amoklauf. Eine unter den von mir am meisten gefürchteten eigenschaften des mannes ist nicht der amoklauf selbst, als vielmehr das gespräch, das ihn tatsächlich erst zu dem werden läßt, was ich durch dieses gespräch eigentlich zu verhindern mir die mühe machen zu müssen glaubte, nämlich dem amoklauf. Es dürfte wohl bekannt sein, daß der mann dazu neigt, eine tätigkeit nicht an dem punkt zu beenden, an dem die übrige menschheit diese tätigkeit beendet, sondern eine von ihm begonnene tätigkeit derart und dermaßen auszuweiten, daß am ende, von dem in diesem fall jedoch keine rede sein kann, zum beispiel die gesamte wohnung auf dem kopf steht. Etwas, das für gewöhnlich als ein ende bezeichnet wird, scheint dem mann fremd zu sein. Es fügt sich für ihn alles nahtlos ineinander. All dies wäre nicht weiter problematisch, ebenso nicht erwähnenswert, neigte ich nicht, um dem mann zu helfen, immer wieder dazu, etwas sagen zu müssen, und zwar etwas, das dem mann erlaubte, aus dem kreis, in den er sich meiner meinung nach selbst hineinmanövriert hatte, herauszutreten, ihn in eine welt zurückführte, in der jede tätigkeit ein ende hat. Sage ich dann, wider besseren wissens naturgemäß, denn ich weiß ja, wohin dies führt, "wollen wir jetzt nicht schon schluß machen", ernte ich eine entgegnung wie etwa, "ich kann den dreck nicht ertragen". "Wir können es doch auch später machen", sage ich daraufhin meist sehr unsicher und höre, "dich stört das alles offensichtlich nicht, du könntest so leben". Und wenn ich nun in diesem moment nicht augenblicklich den raum verlasse und damit den wortwechsel abbreche, kommt ein gespräch auf mich zu und setzt sich in einer weise fort, in der sich auch die von dem mann begonnene, zunächst einfache tätigkeit, die ich mit meiner bemerkung habe abbrechen wollen, fortsetzt. Versäume ich diesen moment und verlasse das zimmer oder die wohnung nicht, bin ich und aber schließlich auch der mann, sind wir also beide verloren. Ein gefühl der verlorenheit läßt aber der mann, in diesem moment zumindest, nicht erkennen. Er behauptet vielmehr, alles wäre wie immer meine schuld, hätte ich ihn doch nur seine arbeit machen lassen, er wäre mit ihr jetzt bereits fertig. Aus erfahrung, da ich ihm nicht mehr widerspreche, weiß ich, das stimmt nicht.

Von einem augenblick auf den anderen ist der mann mißmutig, dann wieder heiter gestimmt im nächsten augenblick. Dies wäre nichts besonderes, fände der wechsel nicht so rasch statt. Das unerfreuliche ist dabei, daß ich es immer bereits vorher weiß. Spreche ich den mann darauf an, leugnet er das vorhandensein einer schlechten stimmung. Ist er hingegen in einer heiteren stimmung, verfällt er, von mir darauf angesprochen, in eine mißmutige, die sich darin äußert, daß er in mir die ursache für seine stimmung zu erkennen meint. Gewiß, eine schutzbehauptung seinerseits. Nur wovor will er sich schützen, frage ich mich manchmal. Einem direkten gespräch darüber geht der mann allerdings aus dem weg. Er meint, ich wolle ihn doch nur verunsichern und ihm etwas, was so gar nicht stimme, einreden.

Kurzgespräche mit dem mann sind praktisch nicht wiederzugeben. Sage ich, "ich komme heute gegen ein uhr zurück", antwortet der mann, das sei kein problem, er habe nichts vor. Was mich dann nicht nur bestürzt, sondern auch zum nachdenken zwingt, jedoch zu keiner lösung kommen läßt. Ich rate nicht einmal mehr, was der mann gemeint haben mag.

Über mehrere stunden hinweg bereite ich mir ein gespräch mit dem mann vor, das ich dann, kommt er oder komme ich zurück, gar nicht führe, weil er mich nach meiner oder seiner rückkehr mit etwas, an das ich nicht gedacht habe, an das ich nicht habe denken können, als ich mir das gespräch mir dem mann vorbereitete, überrascht.

Immer wenn der mann nach hause kommt, habe ich die befürchtung und mittlerweile die gewißheit, daß er, hereingekommen, mir sofort aufgeregt eine geschichte, die ihm geschehen ist, erzählt. Selten muß ich mich eines besseren belehren lassen. Die menschen, denen der mann außer hauses über den weg läuft, müssen furchtbar sein. Gehe ich aus dem haus, weiß ich, zurückgekehrt, daß ich ebenfalls eine ihn aufregende geschichte erzählt bekomme, obwohl der mann niemanden gesehen hatte. Er erzählt dann eben eine frühere begebenheit, an die er sich während meiner abwesenheit, durch diese meine abwesenheit erinnert hatte. Es geht aber nie um die geschichte, sondern um das furchtbare an ihr, das geschehen sein mag oder nicht.

Das problem mit der jalousie, wobei nicht die jalousie selbst und als solche problematisch oder von interesse ist, sondern die schnur, die, wie jeder, darunter auch der mann, weiß, immer ein wenig länger ist, als es im gegebenen fall notwendig gewesen wäre. Zu lang allerdings nur dann, wenn man, wie dies der mann tut, die technischen und wirtschaftlichen voraussetzungen nicht berücksichtigt. Diese also immer ein wenig zu lange schnur schafft der mann in jedem fall und unter jeden umständen zu verzwirbeln. Rolle ich die jalousie zusammen, hänge ich die fein säuberlich aufgerollte schnur an einem vorher dafür auserkorenen gegenstand ab, damit, wie das meine absicht ist, ich die schnur, muß oder will ich die jalousie wieder herunterlassen, von diesem gegenstand herabnehmen und die jalousie aufrollen kann, ohne mich vorher mit einem lästigen auseinanderzwirbeln der schnur aufhalten zu müssen. Genau das gleiche, antwortet darauf angesprochen der mann, tue er auch. Ob dies nun tatsächlich der fall ist, wollen wir nicht erläutern, ich glaube dem mann. Die schnur aber ist, hat der mann die jalousie zusammengerollt, immer verzwirbelt. Er wisse, so der mann, auch nicht, wie es dazu komme, und ob denn dies so wichtig sei, fragt er mich. "Nein, überhaupt nicht wichtig", antworte ich, "es fasziniert mich nur sozusagen rein physikalisch".

In umständlichkeiten ist der mann nicht zu übertreffen. Genaugenommen gibt es nichts, was der mann nicht umständlich hätte machen können. Welche der von ihm ausgeführten tätigkeiten man auch nehme, er führt sie umständlich aus, wobei seine neigung zum amoklauf ihm behilflich, auf keinen fall hinderlich ist. Putzt der mann ein fenster, und zwar nur deswegen, weil er der meinung, das fenster müsse geputzt werden, früher ist als ich, die ich ja für das putzen der fenster zuständig bin, geschieht dies auf eine art und weise, bei der das fenster in diesem, wie sich zeigen wird, prozeß sehr schnell eine untergeordnete rolle spielt, insofern als das fenster, angesichts jener tätigkeiten, die der mann in diesen prozeß miteinfliessen läßt, in den hintergrund tritt und zur nebensache wird. Gehe ich dann, um diesem prozeß nicht beiwohnen und über seinen sinn nicht nachdenken oder ihn gar nachvollziehen zu müssen, zum beispiel mit dem hund spazieren oder verlasse unter sonst einem vorwand die wohnung, kehre ich in eine vollkommen veränderte wohnung zurück, in eine wohnung, in der der mann damit beschäftigt ist, ein weiteres, dem angesprochenen weit entlegenes zimmer, wie er es bezeichnet, in ordnung zu bringen. Je nach dauer meiner abwesenheit und je nach der bei meiner rückkehr vorgefundenen stimmungslage des mannes, setze ich zu einem gespräch oder zumindest zu einer äußerung an, in dem oder in der ich darauf hinweise, daß die nun doch ziemlich ausschweifende aktion sich derart ausdehnt, daß wir vielleicht überlegen sollten, sie morgen oder an einem anderen dafür geeigneten tag fortzusetzen. Dann sagt der mann, ich erwarte doch nicht von ihm, er lasse sich darauf ein, in einer derart vernachlässigten wohnung, wenn auch mit mir, zu wohnen. Worauf hin mir naturgemäß keine entgegnung mehr möglich ist und ich gezwungen bin, das, was nun geschieht, wohl oder übel hinzunehmen.

"Unsere wohngegend ist furchtbar neblig", sagte der mann. Ja nun, es stimmt. Nur wohnen wir in dieser gegend schon seit zehn jahren.

Etwas zu ende zu führen, ist ein konzept, das dem mann zwar nicht unbekannt, sogar wohl vertraut, jedoch nichts, wonach er sich richtet, ist. Hatte der mann, warum soll jetzt unwichtig sein, als er einmal sechshundert nägel in einen rahmen hineinschlagen mußte, da ihm hartnäckigkeit nie und von niemand abgesprochen wird, nachdem er nun 580 der nägel hineinzuschlagen geschafft hatte, auf das hineinschlagen der restlichen 20 verzichtet und dies auf später verlegt, wartete gar mit dem hineinschlagen der verbleibenden nägel zwei tage lang und auch dies vermutlich nur, weil ich nach diesen zwei tagen meine verwunderung darüber, daß er bereits seit zwei tagen mit dem hineinschlagen der nägel wartet, zum ausdruck gebracht hatte. Würde ich diese meine verwunderung nicht zum ausdruck gebracht gehabt haben, dehnte sich die unterbrechung möglicherweise noch weiter aus. Auf das phänomen selbst nach mehreren wochen angesprochen, meinte der mann, man müsse eben, wolle man etwas vernünftig, präzise und gewissenhaft machen, solange warten, bis dies gewährleistet sei, tue man es sofort, in einem zustand der erschöpfung gar, könne man keine derart präzisen ergebnisse erwarten, wie ich sie auch immer von ihm erwarte und gewohnt sei. Es könne sich nur um eine überstürzte aktion handeln, die dann den gobelin, für dessen kette die nägel in den rahmen hineingeschlagen werden mußten, verderben. Ein zeitverlust von zwei tagen, sofern man hier überhaupt von verlust sprächen könne, sei bei einer gesamtarbeitsdauer von mehreren monaten, die ein derart großer gobelin verlangt, unerheblich, was ich offensichtlich, so der mann, ihn auf den sachverhalt aufmerksam machend nicht bedacht habe, was er jedoch, da er mich kenne, gewohnt ist und von mir auch nicht anders als nun geschehen erwartet habe. Die weberzeugnisse allerdings sind das einzige, was der mann, seitdem ich ihn kenne, zu ende führt. Einzig und allein die weberzeugnisse. Türmte man dagegen die von dem mann nicht abgeschlossenen und abgebrochenen vorhaben auf, stünde man vor einem berg.

"Matsch" ist neuerdings das lieblingswort des mannes, das er mehrmals am tag und mehrmals hintereinander, berechtigterweise wie ich zugeben muß, da auf den in unserer stadt vorherrschenden schmutz sich beziehend, wiederholt.

Die geschichte mit dem ja und dem nein. Fragt man einen beliebigen menschen, ob er das, was man ihm gerade erklärt, verstanden habe, antwortet er entsprechend mit einem ja oder einem nein oder er fragt nach. Dies von dem mann zu erwarten, ist vollkommen verkehrt. Stelle ich dem mann eine frage, bekomme ich grundsätzlich ein ja zu hören. Und nun ist es die tonhöhe, die stimmlage oder die intensität des jas, aus dem ich herauszulesen die aufgabe habe, ob der mann das von mir gesagte verstanden oder nicht verstanden habe. Nach jahren des studiums dieses jas und also des herauslesens der tatsächlichen einstellung des mannes zu einer gewissen übung gekommen, gelingt es mir heute oftmals, ruhe zu bewahren. Der mann scheint der auffassung zu sein, ein ja sei erheblich sicherer als ein nein, da er dieses ja, ebenso wie es übrigens ein von ihm allerdings nie ausgesprochenes nein vermochte, in die lage versetze, aus meinen weiteren ausführungen zu erraten, ob das von ihm geäußerte ja auch tatsächlich die zutreffende antwort gewesen sei. Ich muß zugeben, es geschieht ausgesprochen selten, daß der mann seine entscheidung revidieren muß. Was mich wiederum verwundert und zunächst zu der frage führt und dann zum nachdenken darüber veranlaßt, woher der mann weiß, daß ein ja wahrscheinlicher als ein nein ist. Über die von dem mann beherrschten verfahren, mit denen er in den selten vorkommenden fällen, in denen ein nein angebracht wäre, ihm nach dem ja doch noch ausgesprochenes nein motiviert und also das anfängliche ja kaschiert und durch ein tatsächlich zutreffendes nein ersetzt, ohne mein mißtrauen zu erwecken, will ich schweigen. Die ganze geschichte aber, behauptet der mann, habe damit, daß er ein wenig schlecht höre, welche erklärung ich ihm angeboten habe, nichts zu tun. Ich könne sagen was ich wolle.

Der mann geht oft, wenn nicht gar immer davon aus, daß, obwohl er etwas nicht ausgesprochen hat, alle wüßten, was er denke. Denke er etwas, meint der mann, wissen mit sicherheit alle, was er denke, und er verzichte darauf, es zu sagen, wundert sich dann allerdings, warum die anderen anders reagieren, wenn er doch das gleiche wie diese denke. Er übersieht offensichtlich, daß niemand außer ihm es weiß. Hinzu kommt, daß der mann einem meistens das sagt, wovon er annimmt, der andere wolle es hören, um ihm, dem anderen also, eine freude zu bereiten, sagt der mann. Der unerfahrene hält das von ihm geäußerte für seine meinung. Welch verstrickte verwicklungen daraus resultieren, braucht nicht erläutert zu werden. Seine meinung gibt der mann nämlich, wenn überhaupt, als letztes preis.

Auch sind alle seine taten, jene des mannes, vollkommen planlos durchgeführte taten. Sowohl ein plan zu fassen und diesen dann im auge zu behalten, als auch einen plan auszuführen, ist etwas, das dem mann fremd ist. Er beginnt alles nicht nur nicht in der hoffnung, es irgendwann und irgendwie zu einem ende zu bringen, sondern in der überzeugung, eine solche hoffnung zu hegen, sei etwas gänzlich überflüssiges. Pläne sind dem mann unbekannt, ebenso wie die meinung, pläne besitzen zu sollen oder gar zu müssen. In den vielen jahren ist es mir nie gelungen, den mann davon zu überzeugen, der besitz eines planes sei etwas nützliches und vorteilhaftes.

Auch das wort eintupfen wird von dem mann oft, wie ich meine, zu oft, in bestimmten situationen, ohne daß ich es und, wie ich nun zu erkennen glaube, auch der mann es will. Bekomme ich oder aber, dies jedoch selten, der mann einen pickel, preist der mann sogleich eine von ihm auf dem markt entdeckte salbe, die, so der mann, exakt gegen solche vorkommnisse von der industrie vorteilhafterweise erfunden worden ist, an. Er preist sie jedoch nicht nur, was noch wenn auch nur leidlich zu ertragen wäre, sondern wendet sie auch an und dies vorzugsweise an mir, wobei er mir immer die dazu zu verwendende menge an salbe auf seinem finger zeigt, und ich muß sagen, daß der mann die schönsten finger und also hände hat, die ich je gesehen habe, und bringt diese salbe an die sich an mir befindende, wie der mann es ausdrückt, unreine stelle und spricht mehrmals in bestimmten nur als wohl überlegt zu bezeichnenden und somit einen angenehmen rhythmus ergebenden abständen das wort eintupfen aus. Ich müsse, befolgte und wendete ich die von ihm empfohlene prozedur oder sehe ich sie als eine sinnvolle prozedur an, die salbe "eintupfen", "so eintupfen", woraufhin der mann die salbe eintupft. Daß die gesamte an mir angewandte prozedur exakt das gleiche mit sich bringt wie die nicht-anwendung dieser prozedur, weist der mann weit und entschieden von sich und behauptet, ich habe keine ahnung und sei in gesundheitlichen fragen ein banause. Ich wende mich doch nur gegen seine hilfe aus sturheit, für die ich, so der mann, bekannt bin und diese selbst an mir berüchtigt ist. Er werde mich wohl nie überzeugen können. Bald gebe er übrigens die versuche, mir etwas zu erklären, auf und übelasse mich mir selbst. Ich solle doch erfahren, wie weit ich damit komme, sagt der mann. Geschieht es, wie gesagt äußerst selten, daß der mann einen pickel an sich feststellt, kommt er auch dann mit einem tüpfelchen salbe auf seinem finger zu mir und erklärt mir die prozedur, diesmal aber selbige an sich demonstrierend, ebenfalls, und zwar mit den gleichen worten, aber einer anderen schlußfolgerung. Das wort "eintupfen" benutzt der mann ansonsten nie.

Die ganze geschichte mit dem fensterputzen. Fenster putze ich gerne und ausgesprochen sorgfältig, so daß sich die scheiben danach in dem sinne sehen lassen können, daß man sie gar nicht mehr sieht. Merkwürdigerweise komme ich aber zu dieser tätigkeit fast nie, da der zeitpunkt, an dem ich das putzen dieses oder jenes oder aber aller unserer fenster für angebracht oder gar notwendig halte, mit dem zeitpunkt, an dem der mann dies tut, nämlich das fensterputzen für notwendig zu halten, nicht in einklang zu bringen ist, und oftmals gar beide zeitpunkte in einem krassen konflikt stehen, dahingehend, daß der von dem mann für entsprechend angesehene zeitpunkt dem von mir als solchen angesehenen weit voraus liegt. Solange ich bereits mit dem mann zusammen bin, habe ich ihm noch nie klar machen können, daß mein zeitpunkt der richtige, auf jeden fall der angebrachte ist. Eine diskussion über dieses thema weist der mann allerdings mit dem hinweis von sich, er kenne mich doch und wolle darüber nicht mehr diskutieren, er putze die fenster, wenn diese schmutzig sind, und nicht, wenn irgendwelche zeitpunkte angebrochen oder nicht angebrochen sind. Dies sei für ihn klar.

Auch einfache antworten kann der mann nicht geben. Frage ich ihn zum beispiel, "wo soll denn der blumentopf hin?", wobei zu bedenken ist, daß es sich bei den blumentöpfen des mannes immer und nur um riesige blumentöpfe handelt, antwortet der mann zwar auf die frage, diese seine antwort ist jedoch keine wie sie alle anderen menschen auf eine solche frage hin geben, sondern es ist eine geschichte, eine lange oder längere und ausführliche, nie jedoch ist es eine kurze und auf keinen fall eine antwort, die mich, wie in diesem beispiel, schneller dazu bringen könnte, den blumentopf an der von dem mann gewünschten stelle abzusetzen, was, wenn man das gewicht der blumentöpfe und zusätzlich mein alter bedenkt, von mir, allerdings nur von mir, sehnlichst gewünscht wird. Fragen an den mann zu vermeiden oder gelegenheiten, in denen fragen wahrscheinlich werden, aus dem weg zu gehen, nützt weder in dieser noch in anderen situationen. Der mann bringt nämlich seine geschichte, sei es dadurch, daß er mir auflauert, sei es dadurch, daß ich unvorsichtigerweise selbst seinen weg kreuze, ohnehin zum ausdruck.

Gelingt dem mann ansonsten nichts, auf jeden fall nichts, was auch im entferntesten mit technik zu tun hat, gedeihen seine pflanzen, insbesondere die yukas in einem ausmaß, das ich nur als unnötig bezeichnen kann. Es handelt sich dabei um dimensionen, die, so natürlich pflanzen auch sein mögen, nicht mehr als natürlich zu bezeichnen sind. Sofern also pflanzen und insbesondere yukas einen sinn machen, ist dies das einzig sinnvolle, das mit dem mann in zusammenhang zu bringen ist.

Der umgang des mannes mit chemischen substanzen, insbesondere mit pflanzenschutzmitteln und insektenvertilgungsmitteln, ist, hat man den umgang des mannes mit diesen substanzen beobachten können, nur als sorglos, als vollkommen sorglos zu bezeichnen, nichtzuletzt weil chemie, wie übrigens auch physik und biologie und darüber hinaus ingenieurwissenschaften für den mann etwas vollkommen fremdes und, wie der mann es nennt, ausgesprochen verdächtiges sind. Gäbe es keine chemie, so der mann wörtlich, sähe die welt ganz anders aus, auf jeden fall wäre es eine einfachere welt.

Das wort kette taucht neuerdings, da wir seit einiger zeit unser haus renovieren, im wortschatz des mannes gehäuft auf. Er behauptet, was auch zutrifft, die an unserem haus durchgeführten arbeiten gleichen einer kette, indem jede begonnene arbeit eine andere, davor nicht vorhergesehene oder auch nur geahnte, die nun akut wird, nach sich ziehe, um dann eine weitere nach sich zu ziehen, die ihrerseits eine weitere notwendig macht usf. Auf diese weise seien die arbeiten an unserem haus, so der mann, einer nie enden wollenden kette gleich. "Es ist eine kette", "das alles ist eine kette", womit der mann, indem er es sagt, wie ich annehme, die befürchtung, wir werden mit den renovierungsarbeiten nie fertig, zum ausdruck bringen will. Warum er diese seine befürchtung nicht durch eine längere äußerung oder gar durch ein gespräch zum ausdruck bringt, statt immerfort das wort kette, "es ist eine kette", zu wiederholen, bleibt mir unerklärlich. Ich glaube, der mann hat bei gelegenheit der renovierungsarbeiten entdeckt, daß die welt aus zusammenhängenden teilen besteht und sich in ein zusammenhängendes ganzes fügt, was er nun mit dem wort kette und seiner fortwährenden wiederholung auf seine art mir zu sagen versucht.

Meine kochkünste, die zwar durchaus vorhanden, kaum jedoch als kunst oder gar künste zu bezeichnen sind, werden von dem mann wohlwollend, jedoch wortlos hingenommen. Von mir darauf angesprochen und also etwa gefragt, "schmeckt dir das essen", antwortet der mann, "ja, sehr lecker". Daß ich ihm diese seine äußerung nicht glaube, scheint der mann nicht zu bemerken. Zu der vermutung, der mann sei auf meine unverhoffterweise ausgebrochenen kulinarischen aktivitäten eifersüchtig, gibt es keinen anlaß. Soviel ist klar.

Auch einen ausgesprochen einfachen sachverhalt kann der mann nicht erklären, wie überhaupt keine erklärungen geben. Der sachverhalt selbst kommt, in dem, was der mann für eine erklärung hält, wohl vor, genauer gesagt seine teile, splitter, diese jedoch wie also auch die gesamte erklärung sind von vielen anderen, ebenfalls meist unvollständigen, angefangenen und dann nie mehr fortgeführten oder beendeten sätzen durchsetzt, auf eine art durchsetzt, die dann diese erklärung vollkommen in den hintergrund treten, sie als unwillkommenen, als an sich überflüssigen ballast erscheinen lassen. Die erklärung selbst wird, auch wenn der mann nie müde wird, zu behaupten, das gegenteil sei der fall, gänzlich unwichtig. Nicht das, was ich von dem mann erwarte, die erklärung also, tritt in erscheinung, sondern immer wieder ein anderer sachverhalt oder gar viele andere sachverhalte, von denen ich aber annehme und annehmen muß, diese seien im grunde das, was der mann mir eigentlich zu erzählen die absicht hatte. Folglich bitte ich den mann seit jahren nicht mehr, mir doch bitte etwas zu erklären, und wenn unvorsichtigerweise doch, erwarte ich keine erklärung, sondern gebe dem mann damit die gelegenheit, mit mir ein gespräch zu führen.

Neulich sagte der mann, die von mir gerade in der küche entdeckte bonbondose sei für ihn eine offenbahrung gewesen, nicht diese, von mir nun entdeckte, sondern eine andere, vor zwanzig jahren ihm geschenkte, und zwar als er erstmals in paris gewesen war, wo ihm seine dort warum auch immer lebende und von dem mann ebenso wie frankreich nicht gemochte schwester oder eine andere person, daran könne er sich nicht mehr genau erinnern, eine solche bonbondose, das heißt eine des gleichen herstellers schenkte. Diese dose erweißt sich auch heute noch, sagte der mann, immer wieder als eine offenbarung und sei auch der grund dafür, daß er, nach frankreich kommend, eine dose dieses herstellers käuflich erwirbt und daraufhin mir dann die geschichte mit der dose erzählt, obwohl ich, wie der mann vermutlich weiß, die geschichte nur zu gut kenne und sie eigentlich nicht mehr hören will.




12.januar2002-.juli2002